KI als Reflexionswerkzeug – Meine Erfahrungen aus der Praxis

Nach intensiver Auseinandersetzung mit dem KI-Einsatz in der qualitativen Forschung kann ich sagen: Die spannendste Funktion von Large Language Models ist nicht die Automatisierung, sondern die Reflexion.

In meinem aktuellen Beitrag für die Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen (ZEFQ) beschreibe ich, wie KI-Systeme als ergänzendes Reflexionswerkzeug eingesetzt werden können. Was meine ich damit konkret?

KI als zweite Meinung

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Interviewausschnitt mehrfach gelesen, eine erste Codierung vorgenommen und möchten nun prüfen, ob Ihre Interpretation tragfähig ist. Anstatt direkt ins Team-Meeting zu gehen, können Sie das Material einem Sprachmodell vorlegen und fragen: "Welche alternativen Lesarten siehst du hier?"

Die KI generiert Perspektiven, die Sie vielleicht übersehen haben, gerade weil sie nicht Ihr theoretisches Vorverständnis teilt. Das ersetzt nicht die kommunikative Validierung mit Kolleginnen und Kollegen, kann sie jedoch ergänzen, besonders in Einzelprojekten oder wenn schnelles Feedback gefragt ist.

Wo es funktioniert

Meine Erfahrung zeigt: KI-Tools eignen sich gut für:

  • Das Generieren alternativer Interpretationsansätze

  • Das Identifizieren von Textpassagen zu bestimmten Themen in großen Datenmengen

  • Das Erstellen von Zusammenfassungen als Diskussionsgrundlage

  • Das Hinterfragen eigener blinder Flecken

Was dabei wichtig bleibt

Entscheidend ist: Die Interpretationshoheit muss bei Ihnen als Forschender bleiben. KI-Vorschläge sind Angebote, keine Wahrheiten. Sie müssen am Material validiert, theoretisch eingeordnet und methodisch begründet werden. Die KI ist Sparringspartnerin, nicht Kollegin mit Methodenexpertise.

In den kommenden Blog-Posts werde ich tiefer auf die methodischen Herausforderungen und die fundamentalen Grenzen von KI in der qualitativen Forschung eingehen.

Zum Weiterlesen: Potenziale und Risiken beim Einsatz von KI in der qualitativen Forschung (Open Access)

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Die unbequemen Fragen – Methodik, Ethik und Datenschutz bei KI-Einsatz